Pflicht­verteidi­gung

Unter dem Begriff Pflichtverteidigung, auch notwendige Verteidigung genannt, versteht man im Strafrecht die zwingend erforderliche Vertretung eines Beschuldigten durch einen Anwalt oder eine Anwältin vor Gericht. Diese Anwaltspflicht beruht auf der Annahme, dass ein juristischer Laie in einem Strafprozess ohne fachkundigen Beistand leicht in eine unterlegene Rolle geraten kann, da er in der Regel nicht über das erforderliche Fachwissen im Bereich Strafrecht verfügt. Das Gesetz schreibt daher in bestimmten Fällen eine anwaltliche Vertretung vor, um für den Beschuldigten ein faires Verfahren sicherzustellen.

Eine notwendige Verteidigung ist in der Regel dann erforderlich, wenn die Vermutung nahe liegt, dass sich der Beschuldigte nicht angemessen selbst verteidigen kann. Dies ist bei Fällen von Alltags- und Kleinkriminalität meist nicht gegeben, sondern kommt vor allem bei schwerwiegenderen Anschuldigungen mit weitreichenden Konsequenzen vor.

Wann wird ein Pflichtverteidiger beigeordnet?

Nach § 140 StPO ist eine notwendige Verteidigung unter folgenden Umständen erforderlich:

  • Es ist zu erwarten, dass die Hauptverhandlung vor dem Oberlandesgericht oder dem Landgericht stattfinden wird.
  • Dem Beschuldigten wird ein Verbrechen zur Last gelegt.
  • Durch das Verfahren droht ein Berufsverbot.
  • Dem Beschuldigten droht Haft oder eine einstweilige Unterbringung (Untersuchungshaft).
  • Der Beschuldigte befindet sich auf richterliche Anordnung hin in einer Anstalt.
  • Zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand des Beschuldigten, wenn seine Unterbringung nach § 81 in Frage kommt.
  • Es ist zu erwarten, dass ein Sicherungsverfahren durchgeführt wird.
  • Der bisherige Verteidiger wurde vom Verfahren ausgeschlossen.
  • Einem nebenklageberechtigten Verletzten wurde nach den §§ 397a und 406h Absatz 3 und 4 ein Rechtsanwalt beigeordnet.
  • Bei einer richterlichen Vernehmung erscheint die Mitwirkung eines Verteidigers aufgrund der Bedeutung der Vernehmung zur Wahrung der Rechte des Beschuldigten geboten.
  • Der Beschuldigte hat aufgrund von Seh-, Hör- oder Sprachbehinderung die Bestellung beantragt.

Eine Pflichtverteidigung hat also, entgegen einer weit verbreiteten Auffassung, nichts mit einer schwachen finanziellen Situation des Beschuldigten zu tun und ist für diesen im Fall einer Verurteilung auch keineswegs kostenlos!

Kann man einen Pflichtverteidiger selbst auswählen?

Ist aufgrund der vorliegenden Umstände in einem Strafverfahren eine notwendige Verteidigung erforderlich, hat der Beschuldigte die Möglichkeit selbst einen anwaltlichen Vertreter seines Vertrauens auszuwählen. Grundsätzlich kann dabei jeder zugelassene Rechtsanwalt als Pflichtverteidiger bestellt werden. Von diesem Wahlrecht sollte man als Beschuldigter unbedingt Gebrauch machen, um die eigene Verteidigung in möglichst erfahrene und fachkundige Hände zu legen!
Benennt ein Beschuldigter trotz Aufforderung keinen Anwalt zu seiner Verteidigung, trifft das Gericht die Entscheidung und weist ihm einen Pflichtverteidiger zu.

Wer trägt die Kosten für einen Pflichtverteidiger?

Wie bereits beschrieben steht eine Pflichtverteidigung in keinem Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Mitteln eines Beschuldigten.
Dennoch werden die Kosten für einen Pflichtverteidiger zunächst aus der Staatskasse (vor)finanziert. Wer schlussendlich für das Honorar des Anwalts oder der Anwältin aufkommen muss, entscheidet sich anhand des Verfahrensausgangs:

Freispruch
Wird der Angeklagte vom Tatvorwurf freigesprochen, trägt die Staatskasse die Kosten für das Verfahren und damit auch die angefallenen Gebühren für den Pflichtverteidiger.

Verurteilung
Im Falle einer Verurteilung muss der Angeklagte in aller Regel für die Verfahrenskosten aufkommen. Hierzu zählt neben den Gerichtskosten auch das Honorar für den Pflichtverteidiger. Der Staat stellt dem Angeklagten die Kosten also nachträglich in Rechnung.

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Als Rechtsanwältin für Strafrecht stehe ich Ihnen gern zur Seite und übernehme Ihre Verteidigung im gerichtlichen Verfahren.